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28.10.2015 14:41 Alter: 9 yrs

Stefan Gmünder im WPF Kulturvermittlung

Stefan Gmünder, Literaturredakteur der Zeitung "Der Standard", war zu Gast im Wahlpflichtfach Kulturvermittlung.


"Warum man lesen soll, ist für ihn klar: 'Lesen kann man ja höchstens wie Schreiben – man kann es höchstens trotzdem tun. Es macht die Welt nicht besser, aber es verändert einen.' Fußball könne man jemandem auch nicht nahe bringen, indem man ihm die Regeln erklärt oder die Mannschaftsaufstellung. 'Das Wort heißt Begeisterung. Ich glaube, beim Lesen ist es auch so. Drum - was einer liest ist egal, aber wenn, dann mit Begeisterung.'" Stefan Gmünder, http://fm4.orf.at/stories/1717055/

1957 schrieb Albert Camus, dass es für Künstler "keine privilegierten" Henker gebe, daher könne der Künstler niemals einer Partei verpflichtet sein, sondern ausschließlich "harter Brüderlichkeit", dem Schmerz und der Freiheit des Menschen (siehe auch "Der Standard", 19.10.2015). Mit dieser Textpassage aus der Nobelpreisrede Camus beginnt der Literaturkritiker Stefan Gmünder sein Gespräch mit den SchülerInnen des Wahlpflichtfachs Kulturvermittlung. 

Stefan Gmünder, 1965 in Bern geboren, lebt nun seit 22 Jahren in Wien. Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Zeitungsbranche arbeitet er seit 1998 als Literaturredakteur bei der Wiener Tageszeitung "Der Standard", außerdem ist er seit ein paar Jahren auch Jurymitglied der renommierten "Tage der deutschsprachigen Literatur" (Bachmann Preis).

Die Frage des WPFs, ob er sich als Kulturvermittler sieht, bejaht er, wenn auch mit Vorbehalten. Die Voraussetzung dazu, meint er, sei es, sich selbst zurückzunehmen und den Autor oder die Autorin in den Vordergrund zu stellen. 

Er gibt auch Tipps für das journalistische Arbeiten z.B. für die Durchführung von Interviews, die im Rahmen des Wahlpflichtfaches gerade Thema sind: Gut vorbereitet hingehen, sich mit dem Interviewpartner vorher intensiv auseinandersetzen, seine Arbeit, sein Werk kennen lernen, beim Interview den Eindruck großen Interesses vermitteln, keine komplizierten und langen Fragen stellen - dann kann ein gutes Interview gelingen. Auch für eine mögliche Schülerzeitung gibt er Hinweise wie z.B., dass besonders auf das Format, die Ausstattung und das Layout zu achten sei, weil es darum gehen würde, sich abzusetzen, anders zu sein als die anderen. Vor allem aber komme es auf eine gute "Eingangsstory" an, die die LeserInnen "reinziehen" muss ins Blatt.

Literarisch hat ihn in seiner Jugend vor allem Ingeborg Bachmann und Max Frisch beeindruckt, weil sie es schafften, "sich mit komplexen Dingen sehr breit zu befassen". Gleichzeitig bedauert er, dass die Schule sich heute zu stark darauf konzentriert, die jungen Menschen auf die Arbeitswelt vorzubereiten, es ginge aber in der Schule genauso darum ein Bewusstsein für gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen. Das Wort sei eine gefährliche Waffe, das Leben müsse über die Literatur begreifbar gemacht werden. "Die Fiktion ist wahrer als das Leben" zitiert er zum Schluss den mexikanischen Schriftsteller Carlos Fuentes.

 

Zwei Literaturtipps von Stefan Gmünder

Erich Maria Remarque, Arc de Triomphe, Zürich 1946 
Erich Maria Remarque (1898 geb. in Osnabrück / 1970 gest. in Locarno), deutscher Schriftsteller. Remarque beschreibt in "Arc de Triomphe" das Leben von Flüchtlingen in Paris am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. 

Zülfü Livaneli, Schwarze Liebe, Schwarzes Meer, Stuttgart 2015
Zülfü Livaneli wurde 1946 in Konya-Ilgın (Türkei) geboren. In den 70er Jahren war er wegen seiner politischen Anschauungen gezwungen, die Türkei zu verlassen, erst 1984 kehrte er zurück. Zülfü Livaneli ist einer der bekanntesten Künstler der Türkei, der mit seinen Liedern und Kinofilmen international große Erfolge feierte. Einige Jahre war er Mitglied des türkischen Parlaments, besonders setzte er sich dabei für die türkisch-griechische Aussöhnung ein.  " ... ein betörend sinnlicher Liebesroman mit kunstvoll ineinander geschachtelten Geschichten voller Sehnsucht und kluger Einsichten ins Leben".

WPF Kulturvermittlung
Julia Zehenter, Meike Mes, Elisabeth Bömcke,
Aysegül Kuzugüdenli, Bernadette Ramspeck, Sabine Benzer