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14.07.2015 17:12 Alter: 9 yrs
Kategorie: Kultur, Veranstaltung

Double Check: Form Follows Function

Konzertgestalter Folkert Uhde gibt über 70 Schüler/innen des Musikgymnasiums Schillerstraße Feldkirch und des Gymnasiums Schillerstraße Einblick in Konzertgeschichte.


Am Donnerstag, 02.07. 2015 hatten über 70 Schülerinnen und Schüler des Musikgymnasiums Feldkirch und des Gymnasiums Schillerstraße die Gelegenheit, den international bekannten Konzertdesigner und künstlerischen Leiter der Montforter Zwischentöne Folkert Uhde im Montforthaus Feldkirch kennenzulernen. Im Rahmen der vom Land Vorarlberg geförderten Kulturpartnerschaft ‚Double Check’ zwischen dem Montforthaus und dem Gymnasium Schillerstraße gab Folkert Uhde den Jugendlichen nicht nur eine exklusive Einführung in das aktuelle Arena-Konzert der Montforter Zwischentöne, sondern auch einen ebenso spannenden wie unterhaltsamen Einblick in die Zusammenhänge der Konzertgeschichte.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Geschäftsführer des Montforthauses Edgar Eller zeigte Uhde den Oberstufenschülern und Oberstufenschülerinnen anhand unterschiedlicher Skizzen und Gemälde auf, wie sich im Laufe der Jahrhunderte die Wahrnehmung von Musik in der Gesellschaft verändert und schließlich die Bildung von Konzerträumen beeinflusst hat.

Während sich Künstler/innen bis weit in das 17. Jahrhundert damit zufrieden geben mussten, als Untermalung des Geschehens im Hintergrund zu agieren, erhörte Thomas Mace Ende des 17. Jahrhunderts die zunehmend lauter werdenden Beschwerden der Musiker/innen über die mangelnde Aufmerksamkeit der sich ständig im Dialog befindenden Zuhörer/innen. Mace skizzierte 1676 den sog. ‚Musick Room’ und damit den ersten Entwurf eines Konzertsaals, der jedoch nie gebaut werden sollte. Erst im 18. Jahrhundert zeichneten sich rund um die Person Joseph Haydns erste Ansätze eines beginnenden Künstlerkults ab, der u. a. dazu führte, dass das Publikum nicht nur dem berühmten Komponisten, sondern auch seiner Musik bei der Aufführung nahezu volle Aufmerksamkeit schenkte.

Das 19. Jahrhundert leitete mit riesigen Pavillons, die Platz für rund 6000 Zuhörer/innen boten, eine erste ‚Eventisierung’ des Musikkonzerts ein. Der immer noch währende Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums wurde inzwischen mit Programmbüchern geführt, welche die Konzertbesucher/innen ähnlich einem Reiseführer mit genauen Instruktionen durch die gesamte musikalische Veranstaltung navigierten. Mit der Einführung des Dirigenten, der neben dem Orchester auch die Zuhörerschaft leitete, sowie dem Bau erster Konzerthäuser konnte sich das Orchester während des Konzerts der Aufmerksamkeit des Publikums zunehmend sicherer sein. Vor diesem Hintergrund betonte Folkert Uhde, wie stark sich das Setting eines Konzerts sowie dessen Abläufe in den letzten Jahrhunderten für alle Musikarten gleichsam traditionalisiert haben.

Wie aber könnte es aussehen, wenn man mit diesen Traditionen brechen und musikalische Darbietungen auf neue Art erfahrbar machen möchte? Welchen Einfluss hat der Kontext, in dem ich Musik höre, auf die Musik, die ich höre? Diesen Fragen ging Uhde gemeinsam mit den Schüler/innen im Rahmen eines Experimentes nach. Er spielte den Schülern und Schülerinnen ein unbekanntes Musikstück aus dem 16 Jahrhundert vor und zeigte dazu zehn Minuten lang Fotos die verschiedenste Szenen fokussierten:

Musiker/innen an einem Flügel, eine gotische Kirche mit vielen Besucher/innen, einen Sonnenuntergang, ein Waldstück, Teile einer Industrieruine in einer Landschaft, zwei Kinder, Strand und Meer, einen bürgerlicher Salon, die Schwarz-Weiß-Aufnahme einer von Bomben zerstörten Stadt, abschließend wieder die Konzertsituation. Die Schüler/innen schrieben ihre Assoziationen zu den einzelnen Bildern auf und stellten im Anschluss ihre Eindrücke zur Diskussion. Erste Reaktionen bezogen sich anfänglich alle auf die zerstörte Stadt, die offenbar als Bild den unmittelbarsten Eindruck machte. Die übrigen Abbildungen wurden eher als emotionale Illustration der gehörten Musik interpretiert.

Vor diesem Hintergrund führte schließlich eine lebhafte Diskussion zu einer sehr detaillierten Auseinandersetzung über die Zusammenhänge zwischen Musik und Bildern oder auch zwischen dem Hören und dem Sehen. Ein Dialog, der den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die vielfältige Wirkung von Musik und Raum eindrucksvoll illustrierte.

Zum Abschluss des Vormittags ließ Folkert Uhde, der gemeinsam mit dem Kongressgestalter Hans-Joachim Gögl die Montforter Zwischentöne kuratiert, die Jugendlichen hinter die Kulissen des aktuellen Arena-Konzerts blicken. Er erläuterte, wie die Idee zu diesem ungewöhnlichen Konzertduell zustande kam und auf welche Weise sie konsequent in der künstlerischen Dramaturgie zur Umsetzung kommen sollte. Da ein Großteil der Schüler/innen selbst das Arena-Konzert am Sonntagabend besuchte, waren die Informationen umso spannender und ließen die Vorfreude auf dieses Konzerterlebnis der besonderen Art noch steigen. Wir danken Folkert Uhde und dem Team des Montforthauses für diesen einzigartigen Vormittag!

Dipl. Kult. Man. Frauke Kühn
Mag.a Sabine Benzer
Mag. Jörg Gerstendörfer

 

...Impressionen...