< Schulkultur
09.01.2014 08:17 Alter: 10 yrs
Kategorie: Schülerbeitrag

Schüleraustausch nach Bloemfontein/ Südafrika

der Schüler Johannes Schmid und Klara Loacker- Schöch (8m1 und 8m2)


Im September des vergangenen Jahres 2013 machten Johannes und ich, Schüler des Musikgymnasiums Feldkirch, einen einmonatigen Auslandsaufenthalt in Bloemfontein/ Südafrika.

Beweggrund war für uns der Besuch des südafrikanischen Jugendorchesters Bochabela String Orchestra im Dezember 2012 in Feldkirch, mit dem wir über das Musikgymnasium einige musikalische Projekte durchführen konnten. Es kam zum Austausch unter uns Jugendlichen, zum Interesse an der anderen Kultur des Landes und somit zur Idee des Auslandaufenthaltes in Südafrika.

Nachdem unser Ansuchen von der Direktion positiv bestätigt wurde, ging alles sehr schnell: Gastfamilien waren rasch gefunden, der Hin- und Rückflug wurde gebucht und am 4. September ging's los.

Einen Tag später wurden wir am Flughafen von Bloemfontein mit einem Büsschen von unseren afrikanischen Freunden abgeholt und in den ersten Gastfamilien untergebracht. Von nun an wohnten wir in den Townships von Bloemfontein außerhalb der Stadt. Was uns anfangs etwas gewöhnungsbedürftig erschien, wurde bald zur Gewohnheit: Wäsche wurde nur von Hand in der Badewanne gewaschen, das Trinkwasser schmeckte stark nach Chlor und es gab jeden Tag Fleisch, Fleisch, Fleisch.

Währenddessen wurden wir von unseren Gastfamilien liebevoll umsorgt. Seit meiner Ankunft lag ich durch den starken Temperaturwechsel mit Grippe im Bett, was meinen sonst eher scheu wirkenden Gastpapa Benjamin sogar dazu veranlasste, Hustenmedizin für mich zu kaufen. Tagsüber blieb er zu Hause, um mich zu umsorgen und aufzupäppeln. Immer wieder kamen wir ins Gespräch und ich erfuhr seine Lebensgeschichte in der Zeit der Apartheid und dass es für ihn eine Ehre sei, eine “weiße Lady” wie mich zu beherbergen.

Während dieser Zeit bei Benjamin lernte ich die südafrikanische Kultur so kennen, wie ich sie noch nie gesehen hatte.

Die nächste Woche verbrachten wir täglich im Musicon, der Musikschule und dem Probenort des Orchesters. Hier werden jüngere Orchestermitglieder von den älteren unterrichtet, weil zu wenig Lehrpersonen zur Verfügung stehen. Auch ich durfte kleine “Flötenmädchen” unterrichten, weil deren Lehrerin krankheitsbedingt nicht kommen konnte. Trotzdem war die Stimmung meist ausgelassen und selten getrübt: Überall wurde gelacht, getanzt, musiziert und gesungen. Einmal pro Woche fuhren die Lehrpersonen sowie einige Jugendliche wie gewöhnlich in die weit entfernten Dörfer rund um Bloem, um den Kindern im Gruppenunterricht das Geigenspielen näherzubringen.

Mit dieser Woche kam auch der Umzug zu einer neuen Gastfamilie, bei der Johannes und ich für den Rest unseres Aufenthaltes wohnen würden. Wir zogen nun von der eher ärmlichen Gegend der Townships in ein “weißes Viertel” der Wohlhabenden. Die großen bewässerten Grundstücke waren von elektrischen Hochsicherheitszäunen umsäumt und in jedem Garten kläffte ein Hund. Wir wussten, es diente zu Sicherheit, aber in unseren Augen waren es nahezu Gefängnisse. Von nun an wohnten wir in einem riesigen Haus mit Außenbereich und fünf Hunden.

Jänner 2014

Ab dieser Woche hatten wir auch die Möglichkeit, die städtische Schule zu besuchen. Der Unterricht begann hier um 07:30 mit Ansprache des Direktors (jeden Tag!) und anschließend folgten 5 Unterrichtslektionen, die wahlweise besucht wurden. Obwohl sehr strenge Regeln an den Tag gelegt wurden (z.B. Schuluniform, Haarschnitt, Piercings, usw.), galt eine große Toleranz. Hier gingen schwarze sowohl als auch weiße Jugendliche miteinander zur Schule. Nirgendwo sonst hatte ich eine derartig respektvolle Haltung der Jugendlichen miteinander erlebt.

Was uns kulturell tief berührte, war die oftmals sehr rassistische Haltung weißer Jugendlicher gegenüber schwarzen Gleichaltrigen. Aussagen wie “Ich würde mich niemals mit einem schwarzen Mädchen abgeben.” und “Die sind ja nicht schön.” machten uns schwer zu schaffen, auch weil unsere Freundschaft mit schwarzen Jugendlichen einfachgehend nicht akzeptiert, sondern in Frage gestellt wurde. Umso schöner war es, dass diese jedoch nicht mit derselben Haltung reagierten, sondern sehr offen und freundlich mit diesen Feindseligkeiten umgingen.

Wir haben sehr viel von ihnen gelernt.

Neben schulischen und musikalischen Aktivitäten bemühte sich auch unsere Gastfamilie, uns das Land Südafrika etwas genauer zu zeigen. Es folgten eindrückliche Ausflüge auf eine Vieh- und Pferdefarm nahe Lesotho, wir sahen zum ersten Mal Berge in Südafrika (!) und zu guter Letzt folgte ein Safaritrip, auf dem wir die Wildnis Afrikas bestaunen konnten.

Nach einem Monat führte uns die Reise wieder nach Hause.
Neben sprachlichen Fortschritten in Englisch konnten wir auch bemerken, dass wir durch den Aufenthalt viel reifer geworden waren. Uns wurde bewusst, wie großzügig und luxuriös wir in unserem Heimatland Österreich leben können und wie wenig doch reicht, um glücklich zu sein. Die beeindruckende Gastfreundschaft und Lebensfreude der Südafrikaner hat uns unglaublich begeistert, und die Herzlichkeit aller Gastfamilien hat uns sehr berührt. Ich denke, dass ebenfalls unserer Einstellung und Erfahrung zu Rassismus eine weitere Zeile gewidmet werden sollte, in diesem Fall auch unserer Ausdrucksweise in diesem Bericht: Alle Bezeichnungen der Menschen mit verschiedenen Hautfarben sind keineswegs abwertend oder rassistisch gemeint.

Zum Schluss bedanken wir uns herzlich bei unserem Direktor Georg Konzett. Ohne ihn wäre dieser eindrückliche Auslandsaufenthalt nicht möglich gewesen.
Ebenfalls ein großer Dank gebührt dem Musikgymnasiumskoordinator Jörg Gerstendörfer, unseren unterstützenden und verständnisvollen Klassenvorständinnen Manuela Vinzenz und Renate Haas sowie allen Lehrern und Mitschülern, die uns einen guten Wiedereinstieg in das Schuljahr ermöglicht haben.

Johannes Schmid und Klara Loacker-Schöch,

Schüler der 8m1 und 8m2 des Musikgymnasiums Feldkirch

Unseren Auslandsaufenthalt haben wir in Form eines öffentlichen Blogs festgehalten: www.livetoseeafrica.wordpress.com

Impressionen